Rebel-Management-Training denkt nach!

Nadine Rebel

2 Kinder oder 3 Männer

Die Welt bereisen. Globus, Papierschiff

Vor nahezu 20 Jahren, zu Beginn der Selbständigkeit antwortete ich auf die Frage, welche Urlaubspläne ich hätte, dass dafür, bei einer insgesamt 4-köpfigen Familie leider kein Geld da wäre. Der junge Mann fragte mich, ob ich dann wohl 2 Kinder hätte, worauf ich antwortete: „Nein, 3 Männer.“ - Die Antwort kommt mir nicht mehr über die Lippen, die Gründe sind die gleichen geblieben und die Frage nervt jedes Jahr mehrfach.

 

Erfolglos

Die auf den ersten Blick unverfängliche Urlaubsfrage wird jedes Jahr erneut von vielen Personen und teilweise wiederholt gestellt. Dieses Thema scheint eine perfekte Mischung aus oberflächlichem Small-Talk und persönlichem Interesse darzustellen. Zudem eröffnet es die Möglichkeit, etwas über die eigenen Pläne zu erzählen. Und immer wieder lautet die Antwort seit knapp 20 Jahren gleich: Nein, wir fahren nicht in den Urlaub. Damit wird das Thema nur leider nicht beendet, vielmehr beginnt nun eine Art Verhör.

 

Der Ablauf des Verhörs

Das Verhör folgt dabei nahezu immer der gleichen Dramaturgie. Zunächst wird der Aussage kein Glauben geschenkt. Um diesem Unglauben Ausdruck zu verleihen, wird die Antwort wiederholt. „Ihr fahrt nicht in den Urlaub?“ - Nein. - Gar nicht? - Nein.

Dann folgt mitleidvolles Bedauern: Das ist aber schade!

Der nächste Schritt ist die Darlegung der Notwendigkeit von Urlaub: Aber das ist wichtig, ihr müsst doch auch mal raus. Abschalten und so.

Dem Mitleid folgt die Betroffenheit: Das ist aber hart, das kann man doch nicht machen, so kann man doch nicht leben. (Entschuldigung, ich fühle mich (noch) ziemlich lebendig.)

Es wird nun etwas tiefer gebohrt: Ob mir denn nichts fehlen würde? Ob ich nicht gerne reisen würde?

Und ähnlich wie in einem Verhör, wenn der Delinquent fadenscheinige Ausreden von sich gibt, wird der Aussage, dass ich mich zu Hause auch wohlfühle, kein Glauben geschenkt.

Prinzipiell wäre das begrüßenswert, aber schließlich ja nicht „alles“.

 

Geständnis

Und früher oder später gestehe ich dann. Wir fahren nicht in den Urlaub, weil wir es uns nicht leisten können.

Diese Wahrheit wirkt auf manche Personen so dämonisch wie ein umgedrehtes Kreuz.

Ein Satz, der die Erfolglosigkeit so unumstößlich auf den Punkt bringt, dass man nur mit stillem Entsetzen reagieren kann.

Jeder halbwegs normale Mensch macht Urlaub. Wirklich jeder. Geschlechterübergreifend, altersübergreifend, kulturübergreifend. Urlaub scheint die Menschen mehr zu einen als Atmen, Essen, Trinken, Liebe und Arbeit.

 

Arbeit als notwendiges Übel

Zugegeben, Arbeit eint auch. Es ist die Geisel, der sich jeder Mensch unterjochen muss. Arbeit ist anstrengend, stressig, zu schlecht bezahlt und der Inbegriff des Leidensweges. Notwendiges Übel, welches man hinnehmen muss. Wenn man viel Glück hat, macht die Arbeit sogar manchmal Spaß, dann lässt sich die tägliche Folter besser aushalten. Doch sie bleibt eine Strafe, die man nur ertragen kann, wenn man 2 bis 4-mal pro Jahr ein Urlaubslicht am Ende des Arbeitstunnels fixiert. Wer hier nicht zustimmt, muss verrückt sein.

 

Die Urlaubskarotte vor mir Esel

Um mir das, wogegen ich mich in so verrückter Manier zu wehren scheine, schmackhaft zu machen, folgt nun die Beschreibung von Urlaub. Die Entspannung, die Wärme, das gute Essen, die nicht vorhandenen Verpflichtungen, die Möglichkeit, den eigenen Horizont zu erweitern, die Erfahrungen, die man machen könnte, die Erinnerungen, die bleiben.

Ob man das nicht wollen würde?

 

Klartext

Doch. Doch. Doch und doch. Den letzten Urlaub haben wir gemacht, da waren die Kinder 3 und 5 Jahre alt. Eine Woche. Segeln. Kroatien. Und es war wundervoll.

Es ist zu Hause auch wundervoll: Der Garten, die Gemeinschaft, das eigene Bett, die Möglichkeit, Sport zu machen, wann immer man will, die Katzen, die zu versorgen sind.

Sofern man beim Zuhören zögernd sein kann, trifft diese Beschreibung auf das Gegenüber zu. Zweifel und Unglauben wechseln sich ab und laufen wie eine Leuchtschrift über die Stirn des Gesprächspartners.

 

Selbständig

Nein, wir können es uns nicht leisten, in einer Zeit, die man gemeinhin als Sommerflaute bezeichnet (und zwar in beiden Unternehmensbereichen, ob nun im Sportstudio oder in der Erwachsenenbildung), zusätzliches Geld auszugeben.

Die Nebenkosten der Selbständigkeit laufen weiter und als selbständig tätige Person bekommt man, während man im Urlaub ist, keinen Cent Gehalt oder Lohn, während man noch einen Batzen Geld in die Hand nimmt, um an einen anderen Ort zu kommen, ohne zu wissen, wie die Auftragslage ab September und im neuen Jahr dann sein wird.

Nein, das ist nicht möglich.

 

Jetzt deutlich geworden?

 

Du musst traurig sein

Und nein, ich bin darüber nicht traurig, weil man über Tatsachen nicht traurig sein muss und zum anderen, weil ich mein Leben nicht als Kerker empfinde, dem ich entkommen will oder muss. Traurig bin ich über die sich ständig wiederholenden Fragen und die Ungläubigkeit.

Es sind diese Momente, die mir das Gefühl geben, defizitär zu sein. Es ist das Bedauern, welches mir das Gefühl gibt, nicht mehr Ansehen zu bekommen als ein armer alter Bettler. Es ist das ungläubige Nachfragen, welches mir eröffnet, dass man mich nicht ernst nimmt. Es ist nicht der fehlende Urlaub.

 

Irgendwann

Ja, vielleicht ändert sich das irgendwann. Aber sollte dem nicht so sein, dann habe ich grundsätzlich nicht das Gefühl, ein schlechter und minderbemittelter Mensch zu sein. Außer in den Situationen, die jedes Jahr mehrfach auftreten und die von so viel Respektlosigkeit geprägt sind, dass von einem Small-Talk-Thema nicht mehr die Rede sein kann.


Den Spieß umdrehen

Da diese Unterhaltungen manchmal einer Art Spießrutenlauf gleichen, habe ich mir schon mehr als einmal überlegt, ob ich den Spieß nicht umdrehen soll. Doch die respektlosen Fragen, die zudem nicht von Wertschätzung meinem Gegenüber zeugen würden, kommen mir einfach nicht über die Lippen: Ist dein Leben so schrecklich, dass Du nur von einem Urlaub zum nächsten lebst? Muss das sein, dafür so viel Geld auszugeben? Es muss traurig sein, wenn man sich zu Hause nicht wohlfühlt. Ehrlich, Du musst mindestens einmal im Jahr weg von zu Hause? Das fände ich schrecklich, wenn ich mich nur mit der Aussicht auf ein kurzfristiges Ausbrechen aus dem Alltag emotional über Wasser halten könnte. Wenn es Dir daheim nicht gefällt, dann würde ich zuerst daran etwas ändern, statt immer neue Ziele erreichen zu wollen.

Nein, dieses Urteil steht mir nicht zu. Es sind eben Geschmacksfragen und Geschmäcker sind bekanntlich unterschiedlich.

 

Jeden Tag genießen

Carpe diem! - Pflücke den Tag.

Ich freue mich jeden Tag darauf, mit den Menschen Sport treiben zu können. Ich mag es zu schreiben, ich liebe es, Seminare zu leiten, ich fiebere Auftritten entgegen. Ich lese gerne Fachliteratur und versuche, jeden Tag besser zu werden. Ich bin gespannt, was jeder neue Tag bringt und ich habe manchmal keine Ahnung, ob Montag oder Freitag ist, weil ich nicht mal das Wochenende als Mini-Urlaub brauche. Wenn es das Wetter erlaubt, dann kann ich sogar im Freien Sport machen.

Vielleicht bin ich in den Augen vieler gestört. Das macht aber nichts, denn schließlich bin ich der einzige Mensch, der mit mir selbst 24 Stunden täglich auskommen muss.

Danke.

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